Ägyptische Sphinx
Die ägyptische Sphinx ist eine Statue eines männlichen Löwen zumeist mit einem Menschenkopf. Daneben waren auch Widder-, Falken- und Sperberköpfe gebräuchlich. Sphingenähnliche Darstellungen gab es allerdings auch in den südamerikanischen Hochkulturen, zum Beispiel in Tiahuanaco beziehungsweise der Kultur von Paracas.
Wortherkunft
Das Wort „Sphinx“ σφίγξ kommt vom Griechischen σφίγγω (σφίγγειν), sphíngo (Infinitiv: sphíngein) und bedeutet „erwürgen; (durch Zauber) festbinden“ oder vom Ägyptischen spanch (das, was das Leben empfängt). Im Altägyptischen bedeutet schesep anch, lebendiges Abbild.[2]
Grammatisches Geschlecht
Das Wort „Sphinx“ war bei den Griechen ursprünglich nur der Name der Tochter von Typhon und Echidna und wurde später auch als eigenständiges Substantiv gebraucht. Daher ist im Griechischen das grammatische Geschlecht dieses Wortes eindeutig weiblich. Derselbe Begriff wurde als substantivische Bezeichnung mit grammatisch weiblichem Geschlecht später auch für ähnliche, in Ägypten gefundene Objekte verwendet, selbst wenn sie männliche Pharaonen darstellten. Grundsätzlich muss man in der Sprachgrammatik immer das grammatische Geschlecht (Genus) von dem natürlichen Geschlecht (Sexus) unterscheiden, wobei das grammatische Geschlecht nicht durch das natürliche korrigiert werden kann. Das natürliche Geschlecht der ägyptischen Sphinx ist in der Regel männlich, da sie einen männlichen Tierkörper mit dem Kopf eines Mannes, meist des amtierenden Pharaos, darstellt. Es gibt jedoch auch Sphinxen von Prinzessinnen und Königinnen.
Ungeachtet einer grammatikalischen Korrektheit oder Vertretbarkeit hat sich jedoch mit dem Lauf der Zeit in der archäologischen und ägyptologischen Fachsprache die Verwendung des maskulinen Artikels für die ägyptische Sphinx eingebürgert und der
Duden führt seit einiger Zeit auch den fachsprachlichen Gebrauch des maskulinen Artikels für dieses Wort an.[3] Den maskulinen Artikel für die ägyptische Sphinx gibt es allerdings nicht nur in der deutschen Sprache, auch im fachsprachlichen französischen Gebrauch findet man ihn. Nur für den ägyptologischen Gebrauch kennt zudem der Duden im Deutschen neben dem normalen Plural „Sphinxe“ auch den Plural „Sphingen“.[4]
Geschichte
Im 2. Jahrtausend v. Chr. wurde die Sphinx von den vorderasiatischen Phönikern, Hethitern und Assyrern übernommen, so auf einer Wandmalerei in Mari. Dabei wird er häufig auch geflügelt in der Glyptik. Als Großplastik findet er sich vor allem bei den Hethitern wie das Sphingentor in Alaca Höyük. Daneben gibt es ihn auch als Orthostatenrelief aus Karkemisch eine Variante mit Löwen- und Menschenkopf. Sphingen trugen auch Säulen oder Standbilder wie in Sakçagözü; Tell Halaf. In Mykene ist eine Sphinx mit kleinem weiblichen Stuckkopf belegt. Die Phöniker stellten auf Elfenbein, Bronzeschalen und Siegeln die Sphingen schreitend mit menschlichem oder Falkenkopf und mit Schwingen dar. Typisch phönikisch sind dabei gegebenenfalls der Schurz oder die Frisur. Ägyptische Attribute sind jedoch Sonnenscheibe, Pektorale, Uräusschlange oder Doppelkrone.
Darstellung und Bedeutung bei den Griechen
Auch die Griechen übernahmen die Sphinx als ein in der Regel geflügeltes Abbild. Nur fassten sie dieses Mischwesen im Gegensatz zu den anderen Völkern mit ihrem Tierkörper mit Frauenkopf dann auch weiblich auf. Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. wurde die Sphinx in der griechischen Kleinkunst
auf korinthische Vasen rein dekorativ als Fabeltier und seit dem späten 7. Jahrhundert v. Chr. auch in der monumentalen Plastik als Wächter von Grab und Tempel dargestellt.
Dem Anschein nach hatte die Sphinx bei den Griechen den Charakter eines Todesdämons. Sie war sowohl im Hellenismus wie auch in der römischen Kultur häufig anzutreffen. Sphingen kamen später selbst in der Kunst des Mittelalters beispielsweise in Form von romanischem Kapitellschmuck vor. Sphinxdarstellungen gab es danach besonders im 18. Jahrhundert vor allem als Gartenskulpturen und dann auch in anderer Darstellungsweise im 19. Jahrhundert. In der Malerei des Symbolismus wurden sie von den Künstlern durchweg als weiblich, auch als androgyn aufgefasst.
Benennung und Darstellung im alten Ägypten
Die Ägypter nannten die Sphingen „Hu“. Der heutige Name basiert auf der Legende der griechischen Sphinx, die vorbeikommende Reisende stets erwürgte, wenn diese das von ihr gestellte Rätsel nicht lösen konnten.
Die meisten als Sphinx bezeichneten Statuen stellen einen König oder Pharao als Sonnengott, Horus oder auch andere ägyptische Götter dar, andere fungierten in liegender Form als Wächterfiguren vor Tempeleingängen. Einige Sphingen besitzen im Gegensatz zur altägyptischen Urform auch Flügel, insbesondere seit der Übernahme dieses Fabelwesens durch die alten Griechen.
Große Sphinx von Gizeh
Die berühmteste Sphinx ist die 20 Meter hohe und 73,5 Meter lange große Sphinx von Gizeh, die am Westufer des Nils errichtet wurde. Wann und von wem die Sphinx von Gizeh errichtet wurde, ist auch heute noch ein Rätsel. Die gängigste Meinung ist, dass die Sphinx in der 4. Dynastie, ca. 2700–2600 v. Chr., entweder von Pharao Cheops oder dessen Sohn Chephren, gebaut wurde, wobei Cheops favorisiert wird. Diese These stützt sich auf die Erwähnung ihrer Namen auf einer Steinplatte, welche zwischen den Vorderpfoten der Sphinx gefunden wurde. Jedoch sagt die Inschrift nicht, dass einer der beiden auch wirklich der Bauherr der Sphinx war. Einige Archäologen vermuten einen bisher unbekannten Dritten als wahren Bauherren der Sphinx. Thesen, die die Errichtung der Sphinx um einige tausend Jahre etwa in das Jahr 10.500 v. Chr. vordatieren, gelten als geologisch widerlegt.
Die Sphinx in der nachantiken Kulturgeschichte
In der mit dem 7. Jahrhundert beginnenden
islamischen Zeit verschwand das Verständnis für die pharaonische Gedankenwelt, da nun Geschichten um die muslimischen Propheten zum Mittelpunkt der Tradition wurden. Daneben finden sich während des gesamten Mittelalters im islamischen Volksglauben Mythen über die Pharaonen aus einer Zeit vor der Sintflut, mit denen die Einführung des Islam in eine alte Zeit weit vor der historischen Zeit mythologisch vorverlegt wurde. Amulette wirkten gegen Geister und taten Wunder, da sie in der Vorstellung mit einer aus der mächtigen Pharaonenzeit stammenden Magie aufgeladen waren. Die Sphinx und andere pharaonische Symbolfiguren wurden arabisch Abū l-Haul („Vater des Schreckens“) genannt. Da der Körper der großen Sphinx von Gizeh im Sand vergraben lag, konnten nur zu ihrem Kopf Geschichten gebildet werden. Die Sabier, eine um das 12. Jahrhundert untergegangene Religionsgemeinschaft, sollen ihren Kopf angebetet haben. Allgemein galt die Sphinx als schützende Macht vor den Sandstürmen aus der Libyschen Wüste. Im 14. Jahrhundert war der Höhepunkt einer fundamentalistischen Bewegung des Islam gegen diese heidnischen Bräuche erreicht, die sich in der Zerstörung einiger pharaonischer Denkmäler äußerte. Zugleich nahm die Heiligenverehrung und die Verehrung altägyptischer Idole im Volk zu. Nach dem arabischen Historiker Muhammad al Makrīzī (1364–1442) beschädigte 1378 der strenggläubige Scheich eines Kairoer Sufi-Klosters Mohammed Saim el-Dar (Muhammad Şā’im ad-Dahr, deutsch: „jemand, der die ganze Zeit fastet“) als fanatischer Bilderstürmer Nase und Ohren der großen Sphinx, und als dann ein Sandsturm über Gizeh eine Katastrophe auslöste, wurde dies der Tat des Frevlers zugeschrieben. Die über die Sphinx berichteten Wunderkräfte nahmen in der Folge noch zu. Die Sphinx war angeblich in der Lage, Wünsche zu erfüllen und Diebe zu überführen. Im Volk übte die Sphinx mehr magische Kraft aus als die ägyptischen Pyramiden, sie stellte im islamischen Volksglauben Ägyptens das Zentrum des Widerstandes gegen die puristischen Reformer dar.[5]
In der Epoche des Klassizismus waren Sphingen mehr oder weniger ägyptischer Prägung ein beliebtes künstlerisches Motiv. Die Sphinx galt im 18. Jahrhundert als Symbol der Ewigkeit, Unsterblichkeit und des Rätselhaften, wie in Johann Gottfried Herders Geschichte Der Sphinx, die 1785 veröffentlicht worden war.
Griechische Sphinx
Die
Sphinx (
griechisch Σφίγξ „Würgerin“) oder Phix (griechisch Φίξ) der griechischen Mythologie war die Tochter des Ungeheuers Typhon und Echidna und somit Schwester von Hydra, Chimäre, Kerberos und Orthos. Sie galt als Dämon der Zerstörung und des Unheils.
Mythos
Die Sphinx hielt sich auf einem Berg außerhalb von Theben auf und gab den vorbeikommenden Reisenden ein Rätsel auf. Diejenigen, die das Rätsel der Sphinx nicht lösen konnten, wurden von ihr erwürgt und dann verschlungen. Das Rätsel lautete: „Was geht am Morgen auf vier Füßen, am Mittag auf zweien und am Abend auf dreien? - griechisch: τί ἐστιν ὃ μίαν ἔχον φωνὴν τετράπουν καὶ δίπουν καὶ τρίπουν γίνεται“ (deutsch: „Was ist es, das eine Stimme hat und vierbeinig, zweibeinig und dreibeinig wird?“)[1] Ödipus löste das Rätsel, dessen Antwort „der Mensch“ ist: Als Kleinkind krabbelt er auf allen vieren, als Erwachsener geht er auf zwei Beinen und im Alter braucht er einen Stock als drittes Bein. Als Ödipus die richtige Antwort sprach, stürzte sich die Sphinx von ihrem Felsen und starb. Theben war befreit, aber das tragische Schicksal des Ödipus nahm seinen Lauf.
Darstellung
Die Sphinx wurde bei den Griechen als ein geflügelter Löwe mit dem Kopf einer Frau, teilweise auch als Frau mit den Tatzen und Brüsten einer Löwin, einem Schlangenschwanz und Vogelflügeln dargestellt.
Rezeption
In der
Bildenden Kunst und in der Kulturgeschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts wird die Begegnung zwischen der Sphinx und Ödipus oft als symbolische Schlüsselszene für „Das Rätsel Frau“ und für ein konflikthaftes Geschlechterverhältnis interpretiert. Dies trifft insbesondere auf den deutschen, belgischen und französischen Klassizismus und Symbolismus sowie auf die Salonmalerei zu. Typische Vertreter dafür sind die Künstler Jean-Auguste-Dominique Ingres, Gustave Moreau, Fernand Khnopff, Franz von Stuck, Jules Michelet und Hermann Bahr.
Bilder:
Ägyptisch:
Griechische Sphinx:
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